Wenn die Nacht dich kuesst... by Teresa Medeiros

Wenn die Nacht dich kuesst... by Teresa Medeiros

Autor:Teresa Medeiros [Medeiros, Teresa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


14

Sonnenlicht strömte über die Steinmauer, die den Burggarten umgab, und verwandelte die Pollenteilchen in der Luft in glitzernden Elfenstaub. Unter den grün belaubten Zweigen einer Linde hüpften ein paar Rotkehlchen umher, zwitscherten und waren eifrig damit beschäftigt, die besten Zweige und Moosbällchen für ihr Nest auszusuchen. Eine milde Frühlingsbrise wehte von Osten; sie trug den schweren, süßen Duft blühenden Geißblattes mit sich.

Während Caroline über den gepflasterten Weg schlenderte, der sich durch den Rasen schlängelte, sehnte sie sich danach, ihr Gesicht der Sonne zuzuwenden. Aber ihr Blick wurde immer wieder wie magisch von dem Turmfenster oben angezogen, das auf den Garten hinausging. Nur eine Fensterscheibe aus Glas trennte sie, doch der sonnendurchflutete Garten mit seiner saftig grünen Vegetation und den flatternden Schmetterlingen hätte gut und gerne eine Welt entfernt liegen können von den düsteren Schatten der Burg. Irgendwo hinter diesen hoch aufragenden Steinmauern schlief ihr Herr, und seine Träume und Geheimnisse kannte nur er allein.

Kane hatte sich seit Viviennes Erkrankung durch nichts anmerken lassen, ob er ihr verziehen hatte. Er schien das unsichtbare Band zwischen ihnen einfach durchtrennt zu haben. Wenn er immer noch das unwiderstehliche Ziehen spürte, wann immer sie ein Zimmer betrat, verbarg er das hinter einer Maske höflicher Gleichgültigkeit. Es gab kein geistreiches Geplänkel, kein neckendes Funkeln in den Augen, wenn er sie anschaute. Sein Benehmen war über jeden Tadel erhaben, fast, als sei er schon ihr Schwager. Man hätte glauben können, dass sie nie ein mitternächtliches Rendezvous im Lover's Walk gehabt oder den erschütternden Kuss getauscht hätten.

Obwohl sie weiterhin jede Nacht ihre Balkontür verriegelte, ehe sie zu Bett ging, vermutete Caroline, dass längst keine Notwendigkeit mehr für sie bestand, das zu tun. Sie schlief die ganze Nacht hindurch und wachte mit dem Gefühl auf, als sei ihr etwas genommen worden — als sei jemand gestorben, der ihr am Herzen lag.

»Bitte, Sir, würden Sie nach mehr Tee läuten?«

Als Viviennes Stimme an ihr Ohr drang, blieb Caroline im Schatten unter einer Linde stehen, die Hand auf die glatte Rinde gelegt.

Ihre Schwester ruhte sich auf einer Liege am Fuß des Hügels aus, eine warme Wolldecke um ihre schlanken Beine gewickelt. Konstabler Larkin war schon aufgestanden und ging eilig zum Haus. Von dem aufgeschlagenen Buch her zu urteilen, das er auf der Bank hatte liegen lassen, hatte er ihrer Schwester zuvor vorgelesen. Caroline musste trotz allem lächeln, als sie überlegte, ob das Buch wohl Tyburn Gallows — eine illustrierte Geschichte hieß oder gar Der Halifax-Galgen: Der Tanz der Todgeweihten.

Seit ihrer Erkrankung war Vivienne nicht länger zufrieden, stumm zu leiden. Sie schien es sogar insgeheim zu genießen, den Konstabler zu schikanieren und herumzukommandieren, wenn der Viscount nicht da war. Sie bat ihn »bringen Sie mir doch meinen Schal« oder »seien Sie so gut und läuten Sie nach einem neuen heißen, in Tücher gewickelten Ziegelstein, Sir?«, wann immer es so aussah, als ließe er in seiner Wachsamkeit nach.

»Da bist du ja, Caroline!«, rief ihr Vivienne zu, als sie sie entdeckte. »Willst du nicht herkommen und mir Gesellschaft leisten, während mir Konstabler Larkin neuen



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